Um es vorweg zu sagen: Aus Sicht einer Mediaagentur haben die Reformvorhaben der Landesregierungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk erstmal keine direkten Auswirkungen auf die Ausstrahlung von Werbung. Daran wird nicht gerüttelt.
Schaut man jedoch etwas genauer hin, kann es in in einigen Bereichen künftig zu deutlichen Veränderungen kommen. Roland Köster, Managing Director JOM Group, zeigt daher drei Bereiche auf, in denen die Rundfunkreform Einschnitte für Werbetreibende bedeuten würde:
- Die Reform sieht im Kern vor, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks qualitativ zu stärken aber auch quantitativ zu begrenzen. Teil der Reform ist daher die Zusammenlegungen von Spartenkanälen und eine deutliche Reduzierung der Hörfunkprogrammen. Dagegen ist grundsätzlich wenig zu sagen, da diese nicht werblich relevant sind. Da es aber vor allem die Angebote für Kultur und Wissenschaft betrifft, kann es zu programmlichen Veränderungen auch bei den werbeführenden Kanälen kommen, da am Auftrag zur Grundversorgung nichts geändert werden kann.
- Die Beschränkung der Sportberichterstattung durch die Deckelung der Lizenzkosten für Sportrechte wird dazu führen, dass Großereignisse, die von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung sind, wie es im Staatsvertrag heißt, verstärkt im frei zugänglichen privaten Fernsehen übertragen und Sportarten mit weniger „Massenwirksamkeit“ an Aufmerksamkeit einbüßen werden. Diese indirekte Sportförderung durch Übertragungslizenzen wird eingeschränkt. Eine öffentliche Diskussion über das nur mittelmäßige Abschneiden deutscher Sportler:innen bei internationalen Großveranstaltungen, wie zuletzt bei den Olympischen Spielen, wird dann vermutlich häufiger geführt werden.
- Wirklich kritisch zu sehen, ist die Absicht, dass in der digitalen Berichterstattung nur noch „sendebegleitende Texte“ zulässig sein sollen. In der Praxis bedeutet dies, dass auf tagesschau.de z.B. erst dann über ein Weltereignis berichten werden dürfte, wenn zuvor ein entsprechender Beitrag im TV ausgestrahlt wurde. Die vom Bundesverfassungsgericht festgehalte Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist damit gefährdet und läuft fundamental gegen die Entwicklung des Mediennutzungsverhaltens weiter Teile der Bevölkerung. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich bei dieser Idee um eine Reaktion auf den populistischen Druck insbesondere der privaten Verlage (namentlich die Beihilfebeschwerde bei der EU) handelt, die nun ihre zum Teil seit Jahren gescheiterten Versuche der digitalen Transformation kompensieren wollen, da sie als digitale Meinungsbildner für die Masse der Bevölkerung kaum eine Rolle spielen. Der Grundauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender zu Ausgewogenheit, Unparteilichkeit, Objektivität und zur Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht wird hier im digitalen Bereich ausgehebelt und zeigt von wenig Vision, wohin sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft entwickeln sollen.
Die Länder erhoffen sich von den Reformen Einsparungen. Grundsätzlich eine berechtigte Hoffnung. Schwer verständlich ist allerdings, dass die Politik immer wieder ignoriert, dass die Höhe der Rundfunkfinanzierung keine politische Entscheidung ist, sondern eine fachliche Berechnung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF), auf die die die öffentlich-rechtlichen Sender nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes einen Anspruch haben.
Sparen kann man, indem man den Auftrag reduziert. Das könnte zwar die Politik beeinflussen, aber auch hier sind verfassungsrechtlich enge Grenzen gesteckt. Zum Glück. Auch für uns Mediaagenturen.