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Ist Radiowerbung auch in Zeiten digitaler und fragmentierter Mediennutzung ein wichtiger Faktor im Mediaplan? Und wie gelingt Marken durch Audiowerbung ein „Vordrängeln“ in den Köpfen der Zielgruppe? Diese spannenden Fragen besprachen Roland Köster, Managing Director, JOM Group und Philipp Schulte, Head of Market Research, RMS im JOM IMPULSE vom 08. Mai 2025.
JOM IMPULSE in a Nutshell
Roland Köster: Audio: Mediaplanung in Zeiten des demografischen Wandels
Die Mediennutzung durchlebt einen Wandel und das spürt auch das Medium Radio. Der aktuelle Status Quo zeigt, dass Radio zwar nach wie vor ein relevanter Reichweitenbringer ist, die Nutzung in den letzten 10 Jahren – insbesondere in den jungen Zielgruppen – jedoch merklich zurückging. Während die Zielgruppe der über 50-Jährigen einen kleinen Anstieg verzeichnet, zeigen aktuelle MA-Zahlen einen Rückgang der Radio-Reichweiten um 11 Prozent bei den 14 bis 49-Jährigen und sogar 15 Prozent weniger Reichweite bei den 14 bis 29 Jahre alten Hörer:innen. Die Fragen sind nun: Was sind die Gründe für diesen demographischen Wandel, was bedeutet er für Werbungtreibende und wie sieht ein erfolgreicher Umgang mit dem Medium Radio aus?
Radio und die Gen Z: Zwischen Reichweite und Relevanzverlust
Zunächst einmal: keine Panik! Sie ist noch da, die Gen Z. Radiosender erreichen aktuell täglich 60 Prozent der 14 bis 29-Jährigen, bei bis zu 4 Millionen Kontakten zur Prime Time – Werte, von denen andere Medien nur träumen können. Diesen Zahlen steht allerdings die demographische Entwicklung der letzten Jahre gegenüber: Wo früher 70 Prozent standen, sind es eben heute nur noch 60 Prozent. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zunächst geht die lineare Mediennutzung grundsätzlich zurück und der Trend gleichzeitig klar in Richtung digitaler Kanäle. Gerade junge Menschen konsumieren zunehmend mehr Video als Audio und schätzen dabei die Flexibilität und Personalisierungsmöglichkeiten digitaler Formate. Zeitsouveränität und On-Demand-Nutzung sind zum Standard geworden. Ob Podcasts oder Streamingdienste – sie alle bieten Inhalte genau dann, wenn die Nutzer:innen sie wollen. Bei den 14 bis 29-Jährigen macht lineare Audionutzung nur noch ein Drittel der gesamten Nutzungsdauer aus, der Rest liegt in der zeitsouveränen Audionutzung. Das klassische Radio mit seinem linearen Programm verliert damit zwangsläufig an Relevanz – zumindest als alleinstehender Werbekanal.
Die Mediaplanung für junge Zielgruppen muss umdenken
Für Mediaplaner:innen bedeutet das: Der klassische Radiospot reicht allein nicht mehr aus. Fast die Hälfte der Audionutzung in der jungen Zielgruppe entfällt inzwischen auf werbefreie Formate und die werberelevante Audionutzung verteilt sich zusätzlich auf unterschiedliche Kanäle wie Radio, Musik und Podcast. All das unterstreicht die Notwendigkeit neuer Planungsansätze für Markenkommunikation und Werbung. Wer junge Zielgruppen heute erreichen will, muss Audio plattformübergreifend denken. Besonders wichtig dabei: Inhalte müssen gezielt auf Zielgruppen und Nutzungssituationen zugeschnitten sein. Ein Einheits-Audiospot wird der Vielfalt digitaler Formate nicht gerecht. Stattdessen sind maßgeschneiderte Inhalte gefragt, die sich sprachlich, thematisch und gestalterisch an der Zielgruppe orientieren. Doch ist das klassische Radio deshalb nun raus aus dem Mediaplan? Nein, denn: Radio liefert Reichweiten, ist ein sehr gutes Aktivierungsinstrument in crossmedialen Kampagnen und genießt sehr viel Vertrauen – auch im jungen Publikum. Dass das klassische Radio seinen festen Platz behält, unterstrichen die Ergebnisse einer JOM-internen Musterplanung. Hier wurde deutlich, dass die Kombination aus einem Basismedium wie YouTube, Netflix oder auch linearem TV mit klassischem Radio und digitalen Audioformaten im Mediamix sehr gute Wirkung erzielt. Insbesondere im Zusammenspiel mit Out-of-Home-Kampagnen entfaltet Radio seine Stärken als Reichweitenbooster und Aktivierungsinstrument für junge Zielgruppen.
Best Cases: Von interaktiven Spots bis Social Audio
Erfolgreiche Kampagnen zeigen, dass Interaktivität, Community-Einbindung und kreative Cross-Channel-Ansätze – etwa die Einbindung von Influencer:innen oder die Verknüpfung von Audio und Social Media – entscheidend zur Aktivierung und zum Dialog mit der Zielgruppe beitragen können. Die Nike-Kampagne „You Can’t Stop Us“ wurde gezielt in Workout-Playlists auf Spotify über verschiedene Targetings in variabler Form ausgespielt. In Pedigrees’ „Tail Orchestra“ wurde das Schwanzwedeln von Hunden in orchestrale Musik verwandelt. Die so entstandenen Musikstücke wurden über Streaming-Dienste veröffentlicht, mit einer Spende pro Stream. Ebenso demonstrieren Cases wie Specsavers’ Neuinterpretation von Rick Astleys „Never Gonna Give You Up“ oder Baileys‘ App-basierte, interaktive Audio-Kampagne, dass innovative Ideen in Kombination mit passenden Testimonials und Influencer:innen-Kooperationen auf digitalen Plattformen enorme Reichweiten erzeugen und zugleich Engagement sowie Markensympathie steigern können. Der Schlüssel liegt in relevanten Inhalten, die Zielgruppen aktivieren und involvieren – über Plattformgrenzen hinweg.
Audio bleibt ein zentraler Hebel im Mediamix
Letztlich bleibt das klassische Radio weiterhin ein wichtiger Bestandteil im Mediaplan. Doch sein Beitrag muss künftig in Kombination mit digitalen Kanälen gedacht werden. Die optimale Kombination aus klassischem Radio, Podcasts, Streaming-Audio und weiteren digitalen Formaten ermöglicht auch heute noch hohe Reichweiten von bis zu 80 Prozent – allerdings nur, wenn die Strategie plattformübergreifend ausgerichtet, die Kanäle effektiv kombiniert und die Inhalte zielgruppengerecht gestaltet werden.
Philipp Schulte: Wie treffen wir (Konsum-)Entscheidungen – und welchen Einfluss hat Audiowerbung?
Audio gilt traditionell als Aktivierungsmedium, das kurz vor dem Kauf entscheidende Impulse setzen kann. Auch dadurch wird die Wirkung von Audiowerbung in der Praxis häufig auf diese unmittelbaren Verkaufseffekte reduziert. Doch das greift zu kurz, denn Audio hat eine doppelte Wirkung: Neben der direkten Verkaufsaktivierung unterstützt Audiowerbung entscheidend den Aufbau mentaler Verfügbarkeit – und damit langfristiges Markenwachstum.
Mit Aktivierung und Brand Building zum stabilen Markenerfolg
Dass beides – also kurzfristige Aktivierungseffekte und langfristiger Markenaufbau – zusammen gedacht werden müssen, zeigt der Ansatz von Les Binet und Peter Field, den Autoren von „The Long and the Short of It“ (2013). Während kurzfristige Aktivierung schnelle Absatzspitzen generiert, die ebenso schnell wieder abflachen, sorgt langfristiges Brand Building für nachhaltige Umsatzgewinne, Marktanteilsaufbau und geringere Preissensibilität. Nur die Kombination beider Wirkungsrichtungen sorgt für stabilen Markenerfolg – und genau hier kann Audio seinen vollen Beitrag leisten. Doch wie funktioniert Markenwachstum eigentlich? Marken wachsen vor allem, wenn sie neue Käufer:innen gewinnen, insbesondere Gelegenheitskäufer:innen oder bisherige Nichtkäufer:innen – loyale Stammkäufer:innen allein reichen nicht aus. Gleichzeitig sind zu nur etwa fünf Prozent der Konsument:innen im Moment der Werbung aktiv kaufbereit. Entsprechend müssen Marken auch diejenigen erreichen, die derzeit keinen unmittelbaren Bedarf haben.
Im Kopf ganz vorne: Wie Marken sich in Kaufmomenten durchsetzen
Der Schlüssel dafür liegt in der sogenannten mentalen Verfügbarkeit – der Fähigkeit einer Marke, im entscheidenden Moment der Kaufentscheidung im Gedächtnis der Konsument:innen präsent zu sein. Werbung baut diese Verfügbarkeit systematisch auf, indem sie Marken in assoziativen Netzwerken verankert und mit möglichst vielen Bedarfs- und Verwendungsanlässen verknüpft und sorgt dafür, dass diese Verbindungen gestärkt und erweitert werden. Erfolgreiche Marken sind im Moment der Kaufentscheidung leicht zu erinnern und leicht zu kaufen. Oder mit anderen Worten: Erfolgreiche Marken können sich im entscheidenden Moment im Kopf der Konsument:innen assoziativ „vordrängeln“. Und genau hier zeigt Audio seine besondere Stärke, indem es Marken in den Köpfen möglichst vieler Menschen verankert – und diesen Anker kontinuierlich festigt.
Audiowerbung als unterschätzter Treiber für Marktanteilsgewinne
Die Studien von RMS belegen, dass Audiowerbung genau diese mentale Verfügbarkeit – die mit dem tatsächlichen, realen Marktanteil von Marken korreliert – steigert. In der Gattungsstudie „When Brands Go Silent“ konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass Marken, die auf Audiowerbung verzichten, signifikante Umsatz- und Marktanteilsverluste erleiden. Auf der anderen Seite prägt Audiowerbung Marken so fest im Gedächtnis der Zielgruppen ein, dass substanzielle Marktanteilsgewinne folgen. Auch die Studie „Brand Building mit Audio“ und Cases aus dem Hause RMS wie beispielsweise für die Automarke Audi belegen, dass Audiowerbung bestehende Assoziationen stärkt, neue Verbindungen schafft und damit die mentale Präsenz von Marken messbar erhöht. Audio sollte daher nicht länger rein taktisch betrachtet werden, sondern als strategischer Wachstumstreiber im Mediamix etabliert werden.
Audio ist in der Werbung weit mehr als ein Performance-Kanal. Das Medium ist ein kraftvolles Werkzeug für langfristigen Markenerfolg – vorausgesetzt, es wird strategisch und konsistent eingesetzt. Marken, die Audio richtig nutzen, sichern sich nicht nur kurzfristige Sales-Erfolge, sondern auch einen festen Platz im Kopf der Konsument:innen – heute, morgen und in ferner Zukunft.
Fazit:
Audio bleibt auch im Zeitalter digitaler und fragmentierter Mediennutzung ein zentraler Hebel im Mediamix – allerdings in einer veränderten Rolle. Die demografische Entwicklung und veränderte Nutzungsgewohnheiten erfordern von Werbungtreibenden ein Umdenken: Weg vom alleinstehenden Radiospot, hin zu einer plattformübergreifenden, zielgruppenspezifischen Audio-Strategie, die klassische und digitale Formate integriert. Dabei zeigt sich Audio nicht nur als effektives Aktivierungsmedium für kurzfristige Impulse, sondern auch als Treiber für langfristigen Markenaufbau durch die mentale Verfügbarkeit. Wer Audio strategisch nutzt, kombiniert Reichweitenpotenziale mit nachhaltiger Markenpräsenz – und schafft es so, auch in komplexen Medialandschaften Relevanz und Markterfolg zu sichern.