Marketing in Zeiten von Multikrisen: 3 Fragen an einen Professor für Markenführung

Marketing in Zeiten von Multikrisen: 3 Fragen an einen Professor für Markenführung

Wir haben Professor Dr. Carsten Baumgarth, einen ausgewiesenen Marketingexperten mit Schwerpunkt Markenführung an der HWR Berlin, zum Thema Marketingstrategien in Zeiten von Multikrisen befragt.

  1. Befinden sich Marken in Krisenzeiten wird schnell im Marketing der Rotstift angesetzt, aber ist das Ihrer Meinung nach eigentlich sinnvoll?

Budgetkürzungen in Krisenzeiten im Marketing sind zwar „normal“ und finden aktuell auch schon statt. Die Forschung zu vergangenen Krisen zeigt jedoch, dass dies genau der falsche Ansatz ist. Denn Marken, die in Krisenzeiten mehr als der Wettbewerb ins Marketing investieren, gewinnen Marktanteil hinzu und diese neu hinzugewonnen Marktanteile bleiben dann auch nach der Krise stabil.

  1. Wie beurteilen Sie und die Forschung das Vorgehen „Shrinkflation“ von Marken?

Shrinkflation, sprich die versteckte Preiserhöhung durch das Konstanthalten von Preisen bei gleichzeitiger Verringerung des Packungsinhalts, ist kurzfristig zwar weniger schädlich als Preiserhöhungen, aber langfristig für die Marke gefährlich. Dies gilt insbesondere für „Intensivnutzer“ der Marke, die solche „Tricks“ viel eher wahrnehmen. Preiserhöhungen mit einer entsprechenden und nachvollziehbaren Erklärung sind ethischer, transparenter und langfristig besser für die Marke.

Doch Marken müssen sich nicht nur in externen Polykrisen behaupten, sondern verursachen auch aus sich selbst heraus Krisen (Verfehlungen, Service- und Produktfehler). Bislang gibt es viele Einzelergebnisse, aber noch keine integrative Markenkrisentheorie.

  1. Was würden Sie Marken mit Blick auf die Zukunft empfehlen?  

Hier gibt es unterschiedliche Ansätze, die zu empfehlen sind. Das kann die Kommunikation betreffen, die vermeintlich banale Präsentation der Produkte im Regal oder aber das zugänglich machen von Produkten über Plattformen.

  • Marken, die durch Produktgestaltung, Kommunikation, Shopdesign etc. ein Gefühl der Erdung und Nähe bei den Konsument:innen erzeugen können, erzielen eine deutlich höhere Präferenz und Preisbereitschaft.
  • Marken, die ihre Produkte im Handel – insbesondere im Supermarkt – anbieten, müssen sich darüber bewusst sein, dass das altbekannte Eye Level von Produkten im Regal nicht der Buy Level ist. Die optimale Höhe befindet sich ca. 30 bis 40 cm unterhalb der Augenhöhe.
  • Plattformen werden immer wichtiger, aber Marken können nicht nur mit Handelsplattformen wie Amazon oder Check24 kooperieren, sondern auch eigene Markenplattformen aufbauen. Die Markenhersteller können die eigene Plattform aus den Modulen Transaktion, Orientierung, Community, Inspiration und Benchmarking gestalten.