Qualität statt Quantität – Bewegtbildwerbung mit Wirkung

Qualität statt Quantität – Bewegtbildwerbung mit Wirkung

Was bedeutet Qualität in der Mediaplanung? Wie lassen sich trotz sinkender Reichweiten im linearen TV aufmerksamkeitsstarke Kampagnen im Bewegtbild planen? Welche Rolle spielt dabei das Werbeumfeld? Und wie kann Connected TV (CTV) dabei helfen? 

Antworten auf diese und weitere Fragen lieferten unsere Speaker Dirk Engel (Unabhängiger Markt- und Medienforscher), Roland Köster (Managing Director JOM Group) und Tim Maibom (Director Digital Media Consulting JOM Group) im JOM IMPULSE “Qualität statt Quantität – Bewegtbildwerbung mit Wirkung” am 28. September 2023. 

JOM IMPULSE in a Nutshell

Dirk Engel: Die Bedeutung von Qualität in der Mediaplanung

Es gibt verschiedene Aspekte, die im Zusammenhang mit dem Stichwort „Qualität in Mediaplanung“ diskutiert werden:

Eine Frage, die in diesem Zusammenhang laut Dirk Engel besonders spannend hält, lautet: „Weist ein Mediaplan eine höhere Qualität auf, wenn Qualitätsmedien aufgenommen werden?“. Natürlich gibt es gute Gründe dafür, die journalistische Qualität des Umfelds zu berücksichtigen, jedoch erhöht das nicht zwangsläufig auch die Qualität des Mediaplans. Denn Ziel der Mediaplanung sollte es sein, die richtigen Personen zum richtigen Zeitpunkt zu erreichen. Qualität muss daher immer aus der Perspektive der Zielgruppe betrachtet werden.

Ein weiterer Begriff, der in der Qualitätsdebatte eine Rolle spielt, ist die Kontaktqualität. Studien zeigen, dass es nicht egal ist, wann und wo jemand erreicht wird. Vielmehr kommt es darauf an, Kontakte mit höherer Wirkungschance zu generieren. Allerdings gibt es dafür noch keine einheitliche Währung oder Standards. Es gibt aber verschiedene Ansätze, sich dem Thema zu nähern, zum Beispiel über…

… das Umfeld: Die Rezeption des Umfelds führt bei der Zielgruppe zu bestimmten emotionalen oder kognitiven Zuständen. Diese halten bis zur Rezeption der Werbung an und beeinflussen deren Verarbeitung. Umfeldeffekte können somit einen Wirkungsmehrwert auslösen.

… die richtige Situation: Nutzer:innen bringen bereits Stimmungen und Emotionen mit, bevor sie Inhalte konsumieren. Diese hängen stark vom Tagesablauf ab oder davon, ob man allein oder in Gesellschaft ist. Unterschiedliche Situationen der Rezipient:innen bringen ebenfalls unterschiedliche Verfassungen mit sich. Früher war z. B. die dominierende Situation beim Fernsehkonsum, dass die ganze Familie gebannt vor dem TV saß. Dies hat sich stark gewandelt: Heute gibt es in der Regel mehr als nur ein Fernsehgerät pro Haushalt, gleichzeitig ist Bewegtbild nicht mehr nur Haupt-, sondern auch Nebenbeschäftigung. Zudem sind die Medien viel mobiler und immer griffbereit. Darüber hinaus sind Konsum und Kommunikation eng miteinander verknüpft. Es bestehen heute also viele verschiedene Situationen, in denen Bewegtbild genutzt wird.

Werbetreibende sollten sich das veränderte Medienkonsumverhalten sowie die technischen Neuerungen im Bewegtbild also genau anschauen, um auf diese Entwicklungen reagieren und ihre Mediaplanung entsprechend anpassen zu können.

Roland Köster: Ansätze und Strategien für eine maximierte Werbewirkung in einer sich verändernden Medienlandschaft

Vor allem die junge Zielgruppe konsumiert immer weniger klassisches Fernsehen. Gleichzeitig steigt die Anzahl und Dauer der Werbeblöcke im TV, die aber immer weniger wahrgenommen werden. Dies führt dazu, dass die Rentabilität für Werbetreibende immer weiter sinkt und lineare TV-Kampagnen nicht mehr die gleichen Reichweiten erzielen wie noch vor 10 Jahren.

Waren es in den letzten Jahren vor allem die über 60-Jährigen, die für eine relative Stabilität in der Zielgruppe ab 14 Jahren sorgten, so sinkt nun auch hier die Sehdauer. Aber nicht nur die Sehdauer, sondern auch die Zuschauer:innenzahlen des klassischen Fernsehen gehen zurück. Es zeichnet sich ab, dass auch immer mehr Ältere digitales Bewegtbild für sich entdecken. Perspektivisch wird Online-Video daher lineares TV als Massenmedium ablösen.

Sechs Empfehlungen, um auf diese Entwicklungen zu reagieren:

#1: Es anders machen. Viele Werbetreibende machen fast immer das Gleiche, was oft bedeutet: sehr viele Sender, viele Umfelder, wenig Primetime und nur durchschnittliche Zielgruppenaffinitäten. Diese Vorgehensweise ist nicht sehr effektiv, wenn man bedenkt, dass Menschen heutzutage einer Informationsüberflutung ausgesetzt sind. Die Programmauswahl wird daher von Nutzer:innen sehr selektiv getroffen. Mediaplaner:innen sollten deshalb vorab die für die Zielgruppe relevanten Umfelder identifizieren.

#2: Das optimale Umfeld definieren. Dabei sollten nicht nur Kriterien berücksichtigt werden, die auf die Kondition und Leistung Einfluss nehmen, sondern auch solche, die für mehr Sichtbarkeit und Wahrnehmung sorgen. Neben den klassischen Faktoren wie hoher Zielgruppenanteil in der Seherschaft, Reichweite der Einzelsendung in der Seherschaft und wirtschaftlicher TKP in der Zielgruppe sollten auch Kriterien wie ein geringes Zapping im Werbeblock, hohe Verweildauer der Zuschauer:innen im Programm und hoher Verwender:innenanteil in der eigenen Produktkategorie berücksichtigt werden.

#3: Subzielgruppen bilden. Da es ist nicht mehr möglich ist, Massenzielgruppen über einheitliche Umfelder anzusprechen, sollten Subzielgruppen mit unterschiedlichen Anteilen von linearem und non-linearem Bewegtbild gebildet werden, um einen einheitlichen Werbedruck zu erzielen.

#4: Aufmerksamkeitsvorteil von TV nutzen. Studien zeigen, dass TV nach wie vor die höchste Aufmerksamkeit aller Bewegtbildmedien generiert. Diesen Vorteil können sich Mediaplaner:innen zu Nutze machen, wenn sie sich vorab die Zielgruppe eines Programms anschauen. Denn die Chance, dass ein Spot aufmerksam wahrgenommen wird, wenn dieser sich in einem Programmumfeld befindet, das aufmerksam verfolgt wird, ist deutlich höher.

#5: Keine Kompromisse! Umfelder sollten nicht zu breit angelegt sein. Da diese je nach Altersgruppe sehr unterschiedlich sind und Kompromisse bei den Umfeldern immer nur die Mitte treffen, sollten die Umfelder konkret auf die gewünschte Zielgruppe zugeschnitten sein, um diese gezielt zu erreichen.

#6. Die Umfelder bestimmen den Zeitzonen-Mix, nicht der TKP. Häufig wird die zeitliche Platzierung von Werbespots aus ökonomischer Sicht betrachtet. Dabei wird meist vernachlässigt, wie stark die Aufmerksamkeit im Tagesverlauf schwankt.

Tim Maibom: Wie Connected TV die Ansprache auf dem Big Screen ermöglicht

Wie bereits erwähnt, ist die Nutzung von linearem TV insbesondere in den jüngeren Zielgruppen rückläufig. Gleichzeitig steigt die Zahl der internetfähigen TV-Geräte in den Haushalten. Damit wird Connectet TV immer relevanter. Neben den sechs generellen Empfehlungen von Roland Köster für eine zeitgemäße Bewegtbildplanung lohnt sich daher ein Blick ins Detail. Denn über CTV können mittlerweile sowohl Nutzer:innen als auch Werbetreibende auf ein großes Angebot zugreifen. Für Mediaplaner:innen ist dabei besonders spannend, dass der größte Teil der Streaming-Optionen Werbung ermöglicht. Selbst Anbieter, die bisher ausschließlich auf Abo-Modelle gesetzt haben, erweitern ihr Portfolio um werbefinanzierte Varianten.

Welche Vorteile bietet CTV?

CTV ermöglicht über einen Internetzugang die Ausspielung von Werbung in Videostreams auf dem Big Screen (Was ist CTV?) und verbindet somit die Welt des linearen Fernsehens mit der des non-linearen Bewegtbilds. Die Zuschauer:innen befinden sich hierbei, wie auch beim klassischen TV, in einer Lean-Back-Situation und sind somit empfänglicher für Werbung. Allerdings ist die Werbeakzeptanz im CTV deutlich höher, da die Werbeblöcke kürzer sind, was zu einer View-Through-Rate von über 95 Prozent* führt. Durch die digitale Komponente kann CTV regional ausgesteuert werden und die Zielgruppenansprache granularer erfolgen. Zudem müssen Werbetreibende nicht die gesamte Reichweite des Kanals einkaufen, sondern können sich auch auf Kontaktbasis einbuchen. Dadurch bietet CTV eine geringere Eintrittsbarriere, um auf dem Big Screen stattzufinden, als lineares TV. Zudem können Werbetreibende über CTV Zielgruppen auf dem Big Screen ansprechen, die über lineares TV nur noch selten oder gar nicht mehr erreicht werden.

Welche Mediastrategien lassen sich im Connectet TV verfolgen?

Da CTV die Vorteile der digitalen Welt mit denen des klassischen TV verbindet, stehen Marketers verschiedene Mediastrategien auf dem Big Screen zur Verfügung:

  • Zielgruppendurchdringung: Durch das Setzen von Targetings kann die Werbung ohne große Streuverluste an eine Zielgruppe ausgespielt werden.
  • Werbedruckregulierung: Der Werbedruck einer TV-Kampagne kann über CTV erhöht werden, indem z. B. ein TV-Spot gezielt in bestimmten Regionen durch CTV-Spots ergänzt wird.
  • Inkrementelle oder Reminder-Kontakte: Ausgehend vom linearen TV können gezielt Nutzer:innen angesprochen werden, die den Spot gesehen oder nicht gesehen haben.
  • Kontaktstreckenlogik: Damit lässt sich nachvollziehen, ob User:innen bereits Kontakt mit dem linearen TV-Spot hatten, um dann gegebenenfalls einen zweiten Kontakt über den CTV-Spot zu erzeugen.
  • Data meets CTV: Durch First-Party-Daten der Werbetreibenden und einem Matching dieser Daten über einen Haushaltsgraphen können die User:innen gezielt auf dem Big Screen über CTV angesprochen werden.

Was bei der Planung einer zielgerichteten Ansprache über CTV zu beachten ist

Der CTV-Markt ist mit 250 Angeboten bereits stark fragmentiert. Hinzu kommt, dass viele dieser Angebote nicht exklusiv vermarktet werden: Einzelne Inventare können zum Teil über verschiedene Vermarkter gebucht werden. Sind also bei einer Kampagnenplanung mehrere Vermarkter involviert, sollten Mediaplaner:innen das Inventar daher vorab genau prüfen und ggf. Ausschlüsse vornehmen, um ungewollte Kontaktdosen zu vermeiden. Bestenfalls werden programmatisch kompatible Inventare gewählt, um eine übergreifende Kontaktklassensteuerung zu gewährleisten. Zudem lohnt sich auch immer ein Abgleich der gesamten Nutzerschaft des Inventars mit der eigentlichen Zielgruppe, um Targeting-Aufschläge bei den Vermarktern zu vermeiden.

Eine weitere Herausforderung speziell bei Streaming-Angeboten besteht darin, dass die Abo-Halter:innen nicht zwingend auch die Abo-Nutzer:innen sind. Da die Ausspielung der meisten Inventare aber nur nach Unique Devices und nicht nach Unique Usern erfolgt, ist die zielgerichtete Ansprache schwierig. Hinzu kommt, dass die Targeting-Möglichkeiten sowie die -Qualität bei CTV geringer sind als bei anderen Streaming Devices: Es ist zwar ein Targeting nach Alter und Region möglich ist, nicht aber nach Interessen. Deshalb sollte bei der Planung von Kampagnen auf Umfeld-Targeting gesetzt werden, um die richtige Zielgruppe zu erreichen.

Das heißt, dass die Zielgruppen nicht zu granular geplant sein sollten, da zu viele Targeting-Kriterien das Zielgruppenpotenzial enorm einschränken können. Auch bei weiteren Zielgruppeneinschränkungen sollte genau hingeschaut werden: Insbesondere bei der Planung von Kontaktstrecken über mehrere Devices kann die Zielgruppe sehr klein werden.

Fazit

Wer seine Zielgruppe erreichen möchte, sollte sich auch mit Fragen zur Qualität der Mediaplanung auseinandersetzen. Dazu müssen sich Mediaplaner:innen bewusst machen, dass nicht jeder Kontakt gleich wirkt. Um eine hohe Kontaktqualität zu gewährleisten, muss im Vorfeld sowohl das richtige Umfeld ermittelt als auch die Kommunikation an die Situation angepasst werden.

Darüber hinaus sollten sich Werbetreibende darüber im Klaren sein, dass Reichweite und Sehdauer im klassischen TV weiter abnehmen. Spätestens jetzt sollten sie daher reagieren, um die gewünschten Zielgruppen weiterhin gezielt mit Bewegtbild zu erreichen. Dazu müssen relevante, nicht zu breite Umfelder mit den richtigen Kriterien identifiziert werden, um dann die Werbung an Subzielgruppen zeitlich angepasst an ihren Tagesablauf auszuspielen.

Vor allem die Zielgruppen, die kein lineares TV mehr schauen, können Mediaplaner:innen über CTV erreichen – teilweise sogar mit einer höheren Aufmerksamkeit als im klassischen Fernsehen. CTV ermöglicht verschiedene Mediastrategien, um Werbung auf dem Big Screen auszuspielen. Berücksichtigen Werbetreibende Nutzerschaften, Inventare und Umfelder sowie programmatische Kompatibilitäten ist eine zielgerichtete Kampagnenplanung möglich.

*Quelle: Samsung Ads (2022) Advertising Engagement auf verschiedenen Plattformen sowie eigene Auswertung von Kampagnen

Fazit

Wer seine Zielgruppe erreichen möchte, sollte sich auch mit Fragen zur Qualität der Mediaplanung auseinandersetzen. Dazu müssen sich Mediaplaner:innen bewusst machen, dass nicht jeder Kontakt gleich wirkt. Um eine hohe Kontaktqualität zu gewährleisten, muss im Vorfeld sowohl das richtige Umfeld ermittelt als auch die Kommunikation an die Situation angepasst werden.

Darüber hinaus sollten sich Werbetreibende darüber im Klaren sein, dass Reichweite und Sehdauer im klassischen TV weiter abnehmen. Spätestens jetzt sollten sie daher reagieren, um die gewünschten Zielgruppen weiterhin gezielt mit Bewegtbild zu erreichen. Dazu müssen relevante, nicht zu breite Umfelder mit den richtigen Kriterien identifiziert werden, um dann die Werbung an Subzielgruppen zeitlich angepasst an ihren Tagesablauf auszuspielen.

Vor allem die Zielgruppen, die kein lineares TV mehr schauen, können Mediaplaner:innen über CTV erreichen – teilweise sogar mit einer höheren Aufmerksamkeit als im klassischen Fernsehen. CTV ermöglicht verschiedene Mediastrategien, um Werbung auf dem Big Screen auszuspielen. Berücksichtigen Werbetreibende Nutzerschaften, Inventare und Umfelder sowie programmatische Kompatibilitäten ist eine zielgerichtete Kampagnenplanung möglich.

*Quelle: Samsung Ads (2022) Advertising Engagement auf verschiedenen Plattformen sowie eigene Auswertung von Kampagnen